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01.04.2022

Netzwerk gegen Darmkrebs 

Mehrere Monate hatte Alfred Staudt mit Verdauungsbeschwerden zu kämpfen. Eine Darmspiegelung brachte die Ursache ans Licht: ein Tumor im Enddarm. Im Darmzentrum Tauberfranken behandelt ihn ein eingespieltes Team aus Ärztinnen und Ärzten der verschiedenen Fachrichtungen. Nachdem Chirurgen erfolgreich den Tumor entfernt haben, führen jetzt Onkologen eine Chemotherapie durch.

Es fing mit einem komischen Gefühl an. Vor gut anderthalb Jahren hatte Alfred Staudt immer wieder das Gefühl, auf Toilette zu müssen, doch dann kam nichts, der Darm war leer. „Die erste Vermutung des Hausarztes war eine Lebensmittelunverträglichkeit“, erinnert sich der 51-jährige Baggerfahrer. Die Beschwerden wurden zwar zunächst besser, traten aber nach mehreren Monaten erneut auf. „Und dann wollte ich genau wissen, was da los ist“, sagt er. Er bestand darauf, dass eine Darmspiegelung bei ihm gemacht wird.

Der niedergelassene Gastroenterologe, der diese bei ihm durchführte, kam zu einer eindeutigen Diagnose: Nicht eine Lebensmittelunverträglichkeit war die Ursache der Verdauungsbeschwerden, sondern ein größerer Tumor im Enddarm. „Der erste Gedanke bei so einer Diagnose ist immer erst mal: Mist. Aber ja, es ist Fakt. Man kann sich davor nicht mehr drücken. Man muss es einfach annehmen, man muss weitermachen“, sagt Staudt ganz offen.

Gute Heilungschance in frühen Stadien

Dass wie bei Alfred Staudt Darmkrebs erst nach einer längeren Zeit entdeckt wird, sei kein Einzelfall, erklärt Professor Dr. Werner J. Heinz, Chefarzt Medizinische Klinik 2 des Caritas-Krankenhauses Bad Mergentheim. „Gerade in der frühen Phase einer Darmkrebserkrankung haben viele wenig oder keine Beschwerden. Im Verlauf können dann Blutungen, Blutarmut oder Gewichtsverlust auftreten. Die beschwerdefreie Zeit kann dazu führen, dass ein Patient sich spät vorstellt und die Erkrankung erst spät erkannt wird.“

Das ist häufig tragisch, denn generell gilt die Aussage: Je später ein Tumor entdeckt wird, desto geringer die Heilungschancen. Dabei hat die Therapie in den vergangenen Jahren deutliche Fortschritte gemacht. „In frühen Tumorstadien kann man Darmkrebs sehr gut behandeln, sodass die Erkrankung letztendlich keinen relevanten Einfluss auf das Überleben der Patienten hat“, sagt Professor Dr. Peter Baier, Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie des Caritas-Krankenhauses und Leiter des Darmzentrums Tauberfranken.

Weil viele in der frühen Phase keine Beschwerden spüren, wird Darmkrebs oft erst spät diagnostiziert. So wie bei Alfred Staudt.

Im Darmzentrum haben sich Ärztinnen und Ärzte auf die Behandlung einer der am häufigsten auftretenden Tumorerkrankungen spezialisiert. „Etwa 55.000 bis 60.000 Menschen in Deutschland erkranken jedes Jahr neu an Darmkrebs. Bei Frauen stellt es die zweithäufigste, bei Männern die dritthäufigste aller Krebserkrankungen dar“, sagt Heinz, der Facharzt für Innere Medizin, Infektiologie, Hämatologie und Onkologie ist. Knapp 25.000 Menschen sterben laut der Felix Burda Stiftung jedes Jahr an dieser Krebserkrankung, die gleichzeitig die zweithäufigste Krebstodesursache nach Lungenkrebs ist. Angesichts der guten Therapiemöglichkeiten in frühen Krankheitsstadien ist es eine erschreckend hohe Zahl.

Professor Dr. Peter Baier (li.) und Professor Dr. Werner J. Heinz arbeiten eng zusammen bei der Behandlung von Darmkrebspatienten.

Enge Zusammenarbeit vieler Fachärzte

Damit die Patienten bestmöglich versorgt werden, arbeiten Mediziner jener Fachrichtungen eng zusammen, die bei Diagnostik und Behandlung von Darmkrebs entscheidend sind. Bei der Diagnose sind in erster Linie folgende Experten gefragt: Gastroenterologen, spezialisiert auf Magen-Darm-Erkrankungen, führen beispielsweise eine Darmspiegelung durch, bei der die gesamte Dickdarmschleimhaut mithilfe einer endoskopischen Kamera untersucht wird und Gewebeproben entnommen werden können. Pathologen untersuchen dann die Gewebeproben. Und Radiologen können mithilfe von Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) untersuchen, wie weit die Tumorerkrankung fortgeschritten ist.

Verantwortlich für die Therapie sind Onkologen, also Internisten, die sich auf die Behandlung von Krebs spezialisiert haben, Strahlentherapeuten und Chirurgen. Zudem unterstützen bei Bedarf Ernährungsberaterinnen, Sozialarbeiter oder Physiotherapeuten und Psychoonkologen. Auch die Pflegekräfte bringen viel Erfahrung in der Versorgung der Patienten mit Darmkrebs mit. „Viele Berufsgruppen kommen hier für die Behandlung der Patienten zusammen“, erklärt der Leiter des Darmzentrums Tauberfranken.

Die Diagnose war ein Schock für Alfred Staudt.

Umfassende Diagnose

Alfred Staudt ließ sich von der Diagnose nicht unterkriegen, Halt gab ihm in dieser schwierigen Zeit seine Familie, seine Frau und seine erwachsenen Kinder. „Der erste Moment war schwierig. Da ging einem viel durch den Kopf“, erzählt er. Doch er informierte sich über verschiedene Krankenhäuser und entschied sich für das nahe gelegene Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim, in dem auch seine Tochter als Physiotherapeutin arbeitet. „Das Darmzentrum hat einen guten Ruf, ist überall gelobt worden“, erzählt er.

Der 51-Jährige meldete sich im vergangenen Sommer an. „Wir haben dann hier im Zentrum die Diagnostik dahin gehend vervollständigt, dass wir das Umfeld untersucht haben. Wir haben geschaut, ob Metastasen vorliegen. Das war – Gott sei Dank – nicht der Fall“, erzählt Chefarzt Baier, der Facharzt für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie sowie Proktologie ist. Danach stellte der Chefchirurg die Erkrankung von Alfred Staudt in der wöchentlichen Tumorkonferenz vor.

„Bei der Tumorkonferenz besprechen wir jeden Patienten, der aktuell in Behandlung ist. Wir diskutieren, welche Diagnostik vorliegt, welche noch ergänzt werden muss, welche Therapie ansteht, und welche Optionen am günstigsten sind“, so Baier weiter. Und Chefarzt Heinz ergänzt: „Zusammen entwickeln wir dann die bestmögliche Therapie für den Patienten und stimmen auch die zeitliche Reihenfolge der Behandlungen, der Untersuchungen für den Patienten ab, damit dieses wirklich Hand in Hand ineinander übergeht.“ Auch abseits der Konferenz sprechen die Mediziner viel miteinander, bei Fragen wird einfach zum Telefon gegriffen.

Ärztinnen und Ärzte aller relevanten Fachrichtungen bringen ihre Expertise in der Tumorkonferenz ein.

Von Diagnose über Therapie bis zur Entlassung

Der Vorteil: Egal bei welchem Arzt sich ein Patient vorstellt, Ärztinnen und Ärzte aller relevanten Fachrichtungen bringen ihre Expertise ein. Die Mediziner und Pflegekräfte kümmern sich ganzheitlich um alle Aspekte der Krankheit – von der Diagnose über die Therapie bis zur Begleitung nach der Entlassung. Vorstellen kann man sich das Darmzentrum als ein großes Netzwerk von Experten, ihr geballtes Wissen ist wie eine Schwarmintelligenz.

Damit die Abläufe und Verantwortlichkeiten klar geregelt sind, hat sich das Zentrum von der Deutschen Krebsgesellschaft schon vor mehr als zehn Jahren zertifizieren lassen. Dafür müssen die Mediziner jährlich nachweisen, dass die fachlichen Anforderungen für die Tumorbehandlung erfüllt werden und sie zudem über ein etabliertes Qualitätsmanagementsystem verfügen. Der Leiter des Darmzentrums bringt die Vorteile auf den Punkt: „In einem zertifizierten Darmzentrum gibt es ein eingespieltes Team mit allen relevanten Beteiligten. Es gibt festgelegte Abläufe, es gibt festgelegte Schnittstellen, sodass optimale Ergebnisse in der Diagnostik und der Therapie der Tumorerkrankung erreicht werden können.“

Chefarzt Professor Dr. Peter Baier (li.) entfernte bei Alfred Staudt ein Stück des Darms, das vom Krebs betroffen war.

Erfolgreiche Operation

Im Fall von Alfred Staudt beschlossen die Mediziner in der Tumorkonferenz gemeinsam, dass eine Operation die beste Wahl sei. Chefarzt Baier operierte ihn.„Dabei haben wir das tumortragende Darmsegment mit den Lymphbahnen, die vom Tumor aus weggehen, entfernt“, sagt der Arzt. Zudem ersetzte der Chirurg den entfernten Darmabschnitt mit einem benachbarten Segment und legte einen künstlichen Darmausgang an, der temporär gebraucht wird. „Die OP verlief erfolgreich und wir konnten den Tumor im Ganzen entfernen“, so Baier weiter.

In der feingeweblichen Untersuchung nach der OP zeigte sich allerdings, dass ein benachbarter Lymphknoten vom Tumor befallen war. Auch von dieser Nachricht ließ sich Alfred Staudt nicht entmutigen. „Vermutlich wäre das nicht gewesen, wenn die Krankheit früher erkannt worden wäre. Aber das ist jetzt so. Das ziehen wir durch“, erklärt er mit Nachdruck.

Alfred Staudt geht regelmäßig zur Chemotherapie.

Chemotherapie und Ernährungsberatung

Die weitere Therapie übernahmen die Onkologen. „Auch nach einer erfolgreichen Operation, bei der man alle sichtbaren Teile eines Tumors entfernen konnte, wie es bei Herrn Staudt der Fall war, ist eine zusätzliche Chemotherapie sinnvoll, um die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Krebs wieder auftritt, reduzieren zu können,“ so der Chefarzt der Inneren Medizin. Seit einigen Wochen erhält der 51-Jährige in einem festen Turnus Chemotherapeutika. Es sind Medikamente, die Tumorzellen vergiften und die in der Kombination diese Zellen zerstören, aber für den Patienten ausreichend verträglich sind.

Auch eine Ernährungsberaterin hat Alfred Staudt beraten. „Denn Patienten mit Darmkrebs nehmen häufig früh an Gewicht ab. Das ist einmal die Folge der Krebserkrankung, es kann aber auch ein unerwünschter Nebeneffekt einer Operation oder Chemotherapie sein. Ein solcher Gewichtsverlust kann nicht nur den Therapieerfolg einschränken, sondern eben auch die Lebensqualität des Patienten“, so Heinz. Die Ernährungsberaterin achtet auf Mängel in seiner Ernährung, zudem gibt sie dem leidenschaftlichen Fleischesser Tipps, wie er sich in Zukunft ausgewogener ernähren kann.

Noch muss sich Alfred Staudt gedulden, bis die Behandlung abgeschlossen ist. Körperlich geht es ihm wieder gut. Er ist viel mit seinem Hund unterwegs und läuft jeden Tag bis zu sieben Kilometer. Inzwischen konnte auch der künstliche Darmausgang wieder zurückverlegt werden. „Ich bin sehr zuversichtlich. Die Ärzte sind auch sehr zuversichtlich. Und dann gibt es für mich keinen Grund, daran zu zweifeln. Das wird alles wieder.“

Text: Joris Hielscher | Fotos: André Loessel

Diätassistentin Kerstin Siehr gibt Alfred Staudt Tipps zu einer ausgewogenen Ernährung.

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