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Sonja Kaub31.03.2021

„So fühlte sich Corona für uns an“

Sonja Kaubs Mann wollte im März vergangenen Jahres Spaß haben, als er in den Skiurlaub nach Ischgl/Tirol fuhr. Die Teamassistenz der BBT-Consulting und ihr Mann nahmen die Berichte über das Coronavirus zwar wahr, aber es erschien ihnen noch sehr weit weg. Selbst als er befürchtete, sich angesteckt zu haben, machten sie sich keine Sorgen. Dass es aber auch für junge und gesunde Menschen gefährlich sein kann, musste Christoph Kaub am eigenen Leib erfahren – die beiden berichten über fünf Monate, die ihr Leben auf den Kopf stellten.

„So fühlte sich Corona für uns an“

Bevor mein Mann Christoph nach Ischgl fuhr, war Corona überhaupt kein Thema für uns. Man hat zwar vereinzelt Berichte darüber gelesen, aber das war noch sehr weit weg und wir haben das Thema nicht wirklich ernstgenommen. Wer hätte zu der Zeit auch ahnen können, was auf uns zukommt. Das erste Mal wirklich mit dem Thema befasst habe ich mich, als mir mein Mann aus dem Urlaub einen Artikel schickte über eine Bar in Ischgl, die aufgrund einer Corona-Infektion schließen musste. Danach googelte ich „Corona“ und „Ischgl“ und erschrak sehr: Berichte über infizierte Urlauber mehrten sich.

Trotzdem entschieden wir uns gegen einen Abbruch der Reise, denn er war schon einige Tag im Skigebiet. Wenn es kursieren würde, hätte er sich bereits angesteckt. Aber seine Rückkehr begann ich bereits vorzubereiten: In Abstimmung mit dem Gesundheitsamt richtete ich im Keller ein eigenes Zimmer mit Bad als Quarantänezone gemütlich für ihn ein und vereinbarte einen Termin im Testzentrum.

Christoph Kaub im Skirurlaub in Ischgl/Tirol.

Freitag (13.03.2020), Ischgl/Tirol

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich wie in jedem Skiurlaub einen leichten Husten und ging nicht von einer Ansteckung aus. Für den Fall einer Ansteckung hatte ich keine Befürchtungen vor Corona und nahm an, dass das kein Problem für mich sein würde. Nach den Medienberichten war Corona gefährlich für ältere Personen und solche mit Vorerkrankungen.

Als er dann heimkam, waren wir extrem vorsichtig. Er ging in sein Isolierzimmer und danach blieb die Tür zu. Ich stellte ihm das Essen vor die Tür und wenn ich weg war, holte er es herein. Wir rechneten zwar beide nicht mit einem schweren Verlauf, aber es gab noch so wenige Informationen, dass wir kein Risiko eingehen wollten.

Montag (16.03) bis Mittwoch (18.03.), Rhens/Deutschland

Montags ging plötzlich alles sehr schnell. Morgens besprach ich noch mit meinen Mitarbeitenden und Kollegen das weitere Vorgehen und mittags hatte ich schon hohes Fieber. Von da an konnte ich mich gar nicht mehr auf den Beinen halten. Den Dienstag verbrachte ich komplett im Bett und konnte nichts mehr essen. Der Mittwoch verging im Fieberschlaf.

Bevor er ins Krankenhaus kam, war er eine Woche in seinem Isolierzimmer Zuhause. Das war sehr belastend für mich, weil es mit der Zeit auch immer schwieriger wurde, mit ihm Kontakt zu halten. Da zu dem Zeitpunkt noch nicht genügend Schutzmaterial zur Verfügung stand, haben wir uns dazu entschlossen, dass ich den Raum nicht betrete und wir uns durch die Tür unterhalten. Ich wusste nur, dass er immer weniger mit mir sprach, das Fieber stieg und das Essen unangetastet vor der Tür stehen blieb. Er befand sich eigentlich dauerhaft im Fieberschlaf und hat sehr stark gehustet. Da fing ich an, mir wirklich Sorgen zu machen, auch vor einer Ansteckung hatte ich Angst. Mir ging immer wieder durch den Kopf: Wer kümmert sich dann um die Kinder? Es kann ja keiner kommen um zu helfen, wenn wir dann auch in Quarantäne sind. Trotzdem war ich oft davor, in den Raum zu stürmen, weil es ihm so schlecht ging. Ein befreundeter Arzt riet mir, Christoph ins Krankenhaus zu bringen.

Wenn er wach war, versuchte ich ihn zu überreden, ins Krankenhaus zu gehen, aber er wehrte sich vehement. Nach einem Gespräch mit der Corona-Ambulanz am Marienhof des Katholischen Klinikums Koblenz ∙ Montabaur stellte ich meinen Mann vor die Wahl, entweder mit mir oder mit dem Krankenwagen ins Krankenhaus zu fahren. Nachdem er ein fiebersenkendes Medikament eingenommen hatte, fuhr er selbst.

Donnerstag (19.03.), Katholisches Klinikum Koblenz ∙ Montabaur, Marienhof

Nach dem ersten Röntgen der Lunge hieß es, ich müsse über Nacht auf der Isolierstation bleiben, um am folgenden Freitag eine CT-Aufnahme der Lunge zu machen. Unruhig wurde ich, als ich den Weg zum CT im Rollstuhl gefahren wurde, da die Sauerstoffsättigung im Blut bereits sehr gering war. Der Ernst der Lage wurde mir bewusst, als mir nach dem CT mitgeteilt wurde, dass ich nun auf die Intensivstation verlegt werde, um im Notfall schnellstens intubiert zu werden. Ich fragte mich, ob ich das Krankenhaus überhaupt wieder lebend verlasse.

Er hat sich zwischendurch auf dem Weg zum CT gemeldet. Ich war beruhigt, denn ich wusste, dort ist er in guten Händen. Das nächste Mal meldete er sich per Videotelefonie und hatte eine Nasenbrille zur Sauerstoffgabe auf – ein Schock für mich! Danach ging es schnell, bei jedem Anruf wurden die Nachrichten schlimmer und ich konnte richtig sehen, wie er abgebaut hat. Es fing mit der Nasenbrille an, gefolgt von einer richtigen Atemmaske und plötzlich war er auf der Intensivstation.

Die vier Tage auf der Intensivstation waren schon hart, anfangs konnte er noch mit uns sprechen, aber irgendwann hatte er einfach keine Luft oder Kraft mehr. Deswegen haben wir ihn den ganzen Tag mit Videotelefonie in unseren Alltag eingebunden. Auch wenn er nicht mit uns sprechen konnte, so konnte er uns doch zumindest zusehen und zuhören. Mitunter das Schwierigste war, ihm virtuell Mut und Hoffnung zuzusprechen, ohne im nah sein zu können.

Glücklicherweise konnte ich jederzeit auf der Intensivstation anrufen und mich nach seinem Zustand erkundigen. Ärzte und Pflegekräfte haben sich alle Zeit für meine Fragen genommen. Das hat mir sehr geholfen. Als er dann wieder auf der Isolierstation lag, konnte ich per Video an allen Visiten teilnehmen. Er vergaß immer wieder, was die Ärzte sagten, so konnte ich besser den Überblick behalten.

Dienstag (24.03.) bis Freitag (03.04.)

Nach vier Tagen auf der Intensivstation konnte ich wieder auf die Isolierstation zurückverlegt werden. Mein Immunsystem war sehr angegriffen, deswegen breitete sich zusätzlich zu der Covid-Lungenentzündung noch eine bakterielle Lungenentzündung aus. Weitere elf Tage auf der Isolierstation waren nötig.

Nach zwei Wochen Krankenhaus kam Christoph Kaub nach Hause und wurde mit einem selbstgebastelten Plakat begrüßt.

Unsere Kinder im Grundschul- und Kindergartenalter waren mit der Situation zunächst überfordert, sie wollten auch nicht oft mit ihrem Papa sprechen, das sah ja auch schon ein wenig gruselig aus mit der Atemmaske. Trotzdem haben wir viel über ihn gesprochen und ich habe ihnen versichert, dass Papa an Ostern wieder Zuhause ist. Dafür haben wir extra ein ganz großes Willkommensplakat für ihn gebastelt und an die Haustür geklebt.

An Ostern war er tatsächlich wieder Zuhause. Viele Bekannte schrieben mir: „Dann wünschen wir euch jetzt Frohe Ostern!“ Ganz so rosig war es leider nicht. Er musste weiterhin mit Sauerstoff versorgt werden und war bettlägerig, wenn ich ihm nicht half aufzustehen. Seine Pflege war ein Fulltime-Job. Er war wieder im Keller, weil wir nicht wussten, ob er noch ansteckend ist. Ich musste also erstmal alles runtertragen, mich vermummen und ihn dann versorgen. Dazwischen wollten die Kinder irgendwas und das Home-Schooling stand auch noch auf dem Plan.

Samstag (4. April) bis  Freitag (17. April), Rhens

Nach dem zweiwöchigen Krankenhausaufenthalt stand erst mal wieder eine 14-tägige heimische Quarantäne im Kellergeschoss an. Die meiste Zeit verbrachte ich mit Schlafen. Meine Lunge war ziemlich mitgenommen, deswegen musste ich einen Sauerstoffgenerator zu Hause nutzen.

Meine Stärke hat mich selbst sehr überrascht, ich hatte gar keine Zeit zu verzweifeln oder nur zu weinen. Ich musste funktionieren: Christoph Zuversicht zusprechen und den Kindern vermitteln, dass alles wieder gut wird. Zudem waren die Kinder aufgrund des Lockdown beide Zuhause und mussten betreut werden. Dazu kam das Home-Schooling von Felix, der in einem Alter ist, indem man sich die Inhalte nicht selbst beibringen kann. Das setzte mich unter Druck, in der Grundschule lernt man schließlich die elementarsten Dinge und da will man als Elternteil nichts falsch machen. Dazu kam die Administration: Die Aufgabenblätter mussten abgeholt und wieder zur Schule gefahren werden und das alles neben Kinderbetreuung, Haushalt und Sorgen um den kranken Mann. Um die Arbeit musste ich mir glücklicherweise keine Gedanken machen. Ich war zwar seit Anfang März im Home-Office, aber meine Kollegen nahmen sehr viel Rücksicht auf mich und nahmen mir viel Arbeit ab. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar, vor allem meinem Chef Dr. Andreas Einig.

Februar 2021

Heute geht es mir wieder bestens. Die sportliche Betätigung, die ich in der Reha anfing, habe ich weitergemacht. Ich fahre seitdem viel Fahrrad und habe mir zuhause ein Sportzimmer eingerichtet. Negative Auswirkungen verspüre ich keine mehr.

Erst nachdem mein Mann nach fünf Monaten Krankenhaus, Quarantäne und Reha wieder komplett Zuhause und gesund war, habe ich angefangen, die vergangenen Monate zu verarbeiten. Ich entwickelte Stresssymptome, die aber mittlerweile völlig abgeklungen sind. Wir sind froh, dass es so gut ausgegangen ist und Christoph keine gesundheitlichen Schäden davon getragen hat. Vorsichtig sind wir immer noch, auch die Kinder halten sich äußerst streng an alle Regeln und dazu kann ich nur jedem raten – Corona kann jeden hart treffen.

Aufgezeichnet und protokolliert durch Julia Gröber-Knapp.

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